Der neue S-Kanal: Unser Flaggschiff – jetzt mit optimierten DC-Eigenschaften

S-Kanal Leistungsmerkmale
    überragende AC & DC-Genauigkeit & -stabilität
    eigene AC/DC-Messbereiche
    automatischer Nullpunktabgleich
    bis zu 1000 VAC, Messkategorie CAT III
    bis zu 1500 VDC, Messkategorie CAT II

DC auf dem Vormarsch
Vor mehr als einem Jahrhundert endete der “Krieg der Systeme” zwischen Westinghouse und Edison mit einem vorläufigen Sieg des Wechselstroms, doch in den letzten Jahren setzte der Gleichstrom zu einer beispiellosen Aufholjagd an. Sowohl der Schwund der fossilen Energiereserven als auch das zunehmende Bewusstwerden der Auswirkungen von Emissionen auf das globale Klima haben den erneuerbaren Energiequellen zu neuem Aufschwung verholfen. Dabei ist die saubere Erzeugung von Energie nur eine Seite der Medaille: die zunehmende Umstellung auf elektrische Fortbewegung sorgt dafür, dass auch auf Verbraucherseite weniger Abgase anfallen. Der Verbund aus Photovoltaik und Elektromobilität erweist sich sowohl als attraktiv als auch skalierbar. Zugegeben: bei der Speicherung von elektrischer Energie ist noch Raum für Verbesserung, aber wachsende Marktanteile von Elektro- und Hybridfahrzeugen haben die Suche nach effizienteren Batterietechnologien attraktiver gemacht und Innovation gefördert. Wenn Erzeugung und Verbrauch zunehmend auf DC umstellen, ist es nur folgerichtig, auch über DC-Netze nachzudenken. Zusammengefasst beobachten wir eine beeindruckende Bandbreite an DC-Anwendungen, die rasch an Boden gewinnen:

• HGÜ-Trassen: elektrische Energie verlustarm über weite Strecken transportieren
• PV-Anlagen: Erhöhung der Stringlänge und damit der Spannung bis auf 1500 V zur Senkung der Systemkosten
• DC-Ladeinfrastruktur: Schnellladestationen für Elektrofahrzeuge mit hoher DC-Leistung
• Elektrofahrzeuge: PKWs, Busse, Schwerlastverkehr und landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge mit Elektroantrieb
• DC-Speichersysteme: nachhaltiger Gebrauch von Solarenergie mit über DC-Microgrids gekoppelten Speichersystemen

                                                   

Auch aus Messgerätesicht erfordert die Verschiebung von AC zu DC Anpassungen. Gerade bei grüner Energie sollten Wirkungsgrade und Verluste nicht außer Acht gelassen werden. Dabei sind die Kosten nicht der einzige Grund, Energieverschwendung zu vermeiden. Solange Ladestationen vergleichsweise dünn gesät sind und der Ladevorgang an Dauer das klassische Tanken überschreitet, hilft jeder zusätzliche Kilometer Reichweite, den Umstieg auf Elektromobilität attraktiver zu machen. Denn weiterhin gilt: je niedriger der Wirkungsgrad, desto mehr Abwärme, desto mehr leiden Zuverlässigkeit und Lebensdauer von Bauteilen und Produkten.

Weshalb ein Leistungsmessgerät für DC-Messungen?
Mehr Leistungsmessungen bedeutet nicht unbedingt mehr Leistungsmessgeräte. Gleichstromleistung ist einfach zu berechnen – keine Phasenverschiebungen und Leistungsfaktoren usw. – weshalb nicht gleich ein günstigeres Multimeter verwenden? Es gibt gute Gründe:

• Bedienung: Spannung und Strom separat zu messen, um sie hinterher zu multiplizieren, ist umständlich und fehleranfällig. Hier machen Leistungsmessgeräte das Leben leichter.
• Abgeleitete Größen: oft muss die erhaltene DC-Leistung zu einer AC-Leistung in Bezug gesetzt werden (DC zu AC, oder umgekehrt), um Wirkungsgrade zu ermitteln. Spätestens hier wird ein Leistungsmessgerät benötigt, warum es also nicht von vorneherein verwenden?
• Bandbreite: Die zu messenden DC-Signale sind selten frei von jeglichem AC-Anteil. Restwelligkeiten von DC-DC-Wandlern oder getakteten Gleichrichtern sind typisch. Je nach Phasenlage kann dieser Ripple zur Gesamtleistung beitragen. Der Anteil mag gering sein, kann aber bei Wirkungsgraden >95 % dennoch ins Gewicht fallen.

Abbildung 1: Rückansicht eines LMG671 mit 6 S-Kanälen

Wie sich AC- und DC-Messungen unterscheiden
Hat man sich erst auf den Einsatz von Leistungsmessgeräten unter den neuen Umständen geeinigt, lohnt ein Blick auf die Details. Digitale Messgeräte von heute arbeiten mit Abtastwerten von Strom und Spannung. Dabei muss die maximale Signalamplitude auf den Eingangsbereich des A/D-Wandlers angepasst werden, um zu vermeiden, dass das Signal beschnitten und damit die Messung ungültig wird.

In der Welt des Wechselstroms wird typischerweise in Effektivwerten gedacht. Das Verhältnis von Spitzen- zu Effektivwert hilft, den Bereich korrekt zu wählen. Dieses Verhältnis ist als Scheitelfaktor bekannt und beträgt für die üblichen sinusförmigen Netzspannungen √2 ≈ 1,41. Eine typische europäische Netzspannung von 230 V entspricht also einem Spitzenwert von 325 V. Bei einem verzerrten Signal kann der wirkliche Spitzenwert allerdings beträchtlich höher liegen. Um dem Anwender das Leben zu vereinfachen, hat es sich eingebürgert, Messbereiche nach Effektivwerten zu benennen. So kann eine Netzspannung von 230 V einfach mit dem 250-V-Bereich gemessen werden, ohne dass lange über den zugehörigen 400-V-Spitzenwert nachgedacht werden müsste. Scheitelfaktoren der Spannung liegen oft nahe bei √2, beim Strom sind Werte bis zu 4 nicht ungewöhnlich. Dem muss der Abstand zwischen Nominal- und Spitzenwert eines Messbereichs Rechnung tragen.

Abbildung 2: Vergleich zweier Signale mit gleichem Effektivwert und unterschiedlichen Scheitelfaktoren

Ganz anders beim Gleichstrom. Effektiv- und Spitzenwert liegen typischerweise eng beieinander, der Scheitelfaktor liegt nahe bei 1. Die Wahl eines Messbereichs mit 400-V-Spitzenwert für ein 350-VDC-Signal wäre nichts Ungewöhnliches. Die verbleibenden 50 V zum Spitzenwert sind mehr als ausreichend für etwaigen Ripple. Die Wahl des 250-V-Bereichs (gemäß der Benennungskonventionen aus der AC-Welt, s.o.) zur Messung von 350 V hingegen wäre merkwürdig. Der Übergang zum nächsthöheren Bereich – 400 V nominal mit 800-V-Spitzenwert – würde die Aussteuerung drastisch verschlechtern und die Messunsicherheit unnötig erhöhen.

Dieses Beispiel illustriert, dass es bei der Benennung der Messbereiche keinen einfachen Weg gibt, AC- und DC-Welt unter einen Hut zu bringen. Möchte man den Bereich für DC-Messungen so weit wie möglich ausreizen, riskiert man ein Abschneiden von AC-Signalen. Lässt man umgekehrt reichlich Spielraum für Scheitelfaktoren auf der AC-Seite, so opfert man Aussteuerung und damit Genauigkeit bei DC.

Einziger Ausweg: verschiedene Messbereiche für AC- und DC-Signale

Abbildung 3: AC-Bereichswahl (links) und DC-Bereichswahl (rechts)

Der neue S-Kanal von ZES ZIMMER bietet maßgeschneiderte Messbereiche für AC und DC. Im AC-Modus lässt die Differenz zwischen Nominal- und Spitzenwert realistische Scheitelfaktoren zu. Im DC-Modus liegt der Nennwert näher am Spitzenwert und unterstützt intuitiv die Bereichswahl für größtmögliche Messgenauigkeit. Im obigen Beispiel entspräche die 400-V-Grenze einem 250-VAC-Messbereich bzw. einem 360-VDC-Messbereich. 

Erweiterter Spannungsmessbereich bis 1500 VDC
Oft wird eine Erhöhung der Spannung angestrebt, um im Gegenzug den Strom senken zu können, damit Leiterquerschnitte und damit ohmsche Verluste geringer ausfallen. Ein bekanntes Beispiel ist die Erweiterung der Spannungsgrenze für Solarwechselrichter von ursprünglich 1000 VDC auf 1500 VDC. Damit ließ sich der Wirkungsgrad von PV-Anlagen steigern, während die Kosten sanken. Ähnliches spielt sich in der Elektromobilität ab. Die Beschleunigung der Ladevorgänge treibt die Leistung in die Höhe, aber der Ladestrom ist durch Platzangebot und Möglichkeiten der Wärmeabfuhr begrenzt. Vor allem bei schweren Fahrzeugen werden deshalb die 1000 VDC bereits in naher Zukunft überschritten werden.

Um der zunehmenden Verbreitung von 1500-VDC-Anwendungen Rechnung zu tragen, wurde der Eingangsbereich des S-Kanals erweitert. Tabelle 1 gibt die Messbereiche für die Anschlüsse U* / U an.

Messbereiche AC / V     3 6 12,5 25 60 130 250 400 600 1000
Messbereich DC / V  5 10 20 45 90 180 360 720 1000 1500
Max. Effektivwert / V  5,5 11 22 47 95 190 370 730 1010* 1510*
Max. Spitzenwert / V  6 12 25 50 100 200 400 800 1600 3200
Eingangsimpedanz      2,69 MΩ ± 1 % || ca. 4 pF
Überlastfestigkeit         UAC = 1000 V + 10 % kontinuierlich
UAC = 1500 V für 1 s
UDC = 1500 V + 10 % kontinuierlich
U = 2500 V für 20 ms, transient
Erdkapazität                 ca. 90 pF

* s. Spez. der Überlastfestigkeit, max. messbare Effektivwerte, max. Isolationsspannung und zugehörige Sicherheitswarnungen im Handbuch
Tabelle 1: Messbereiche für Spannungseingänge U*/U

Genauigkeitsspezifikation

Tabelle 2: L60-Ch-S2: DC-Genauigkeit

f: Zusatzterm für 10 A … 32 A-Bereich AC oder 15 A … 32 A-Bereich DC: ±80 μA/A^2 ∙Itrms^2
d: Genauigkeitsspezifikation gültig bei aktiviertem Signalfilter 15 kHz oder 150 kHz
e: Genauigkeitsspezifikation gültig bei aktiviertem automatischem Nullpunktabgleich, max. 24 h nach letztem Bereichswechsel im Stromkanal, Temperaturänderung nach Messbereichswechsel max. ±1 ℃, max. 30 Tage nach persistentem Nullpunktabgleich im Spannungskanal (s. „Nullpunktabgleich“ im Handbuch)

Tabelle 3: L60-CH-S2: AC-Genauigkeit 0,05 Hz … 10 MHz

f: Zusatzterm im 10 A … 32 A AC-Bereich oder 15 A … 32 A DC-Bereich: ±80 μA/A^2 ∙Itrms^2
g: Zusatzterm im 10 A … 32 A AC-Bereich oder 15 A … 32 A DC-Bereich: ±80 μA/A^2 ∙Itrms^2∙Utrms